Mittwoch, 13. Juni 2012

5. Als die E-Mail noch Telex hieß


Anfang der 1980er Jahre verfügten wir in der Werbeagentur, in der ich meine Ausbildung machte, bereits über hochmoderne Kommunikationsmittel: Da war zum Beispiel das Telefon. Nix Wählscheibe – wir hatten modernste Tastentelefone, auf einem Schwenkarm und mit extra langer Telefonschnur, damit sich zwei Personen bequem ein Telefon teilen konnten. Der Clou dabei: Kam für mich ein Anruf in der Zentrale an, musste Margit nur auf einen Knopf drücken, um den Anruf auf meinen Apparat weiterzuleiten!

Und dann hatten wir das geilste Teil überhaupt: das Telex! Wer nach 1980 geboren wurde, kann sich daran wahrscheinlich nicht mehr erinnern, aber das mit dem Telex ging so: In der Zentrale stand ein Riesenapparat mit einem Stuhl davor. Der Apparat verfügte über eine Telefonwählscheibe, eine brutal schwergängige Schreibmaschinentastatur, eine Art Endlos-Schreibmaschinenpapier sowie über einen Schlitz, aus dem gelochte Papierstreifen herauskamen. Wollte man einem anderen Telex-Empfänger – egal, wo auf der Welt! – eine Nachricht übermitteln, ging man folgendermaßen vor: Man tippte zunächst die Mitteilung über die brutal schwergängige Tastatur ein. Es versteht sich von selbst, dass diese Mitteilungen aufgrund der enormen Kräfte, die man fürs Tippen aufwenden musste, eher kurz und bündig und in militärischem Stakkato-Ton formuliert wurden. Zum Beispiel „An: Anzeigenabteilung. Erbitten umgehend Media-Daten. Mfg“. Eine Korrekturmöglichkeit gab es nicht. Hatte man sich vertippt, musste man von vorne anfangen! Der eingetippte Text wurde dann mit speziellen Lochmustern auf den Lochstreifen übertragen, der anschließend herausgelassen wurde. Leider waren zahlreiche unserer Mitteilungen doch sehr lang, deshalb mussten wir höllisch aufpassen, dass sich der Lochstreifen nicht verhedderte, riss oder sonstwie beschädigt wurde, denn dann durfte man noch einmal von vorne anfangen!

Hatte man schließlich den fehlerfreien und unbeschädigten Lochstreifen in der Hand, kam der nächste Schritt: die Telex-Maschine des Empfängers anwählen. Nachdem man die Telex-Nummer gewählt hatte, fing die Tastatur von alleine an zu rattern und zeigte auf dem Endlos-Schreibmaschinenpapier den Anwählversuch an. Jetzt musste man warten, bis die Empfängermaschine mitteilte, dass sie bereit war. Wenn das geschah, ratterte die Maschine erneut und zeigte auf dem Papier die Übermittlungsbereitschaft an. Sodann durfte man nicht zu lange warten, um den Lochstreifen in den Sendeschlitz einzufädeln, sonst wurde die Verbindung wieder unterbrochen. Wir fädelten täglich zahlreiche Lochstreifen ein, und wenn es wieder mal ein sehr langer war (10 Meter waren keine Seltenheit!), musste immer einer von uns dabeisitzen und achtgeben, dass sich nichts verhedderte. Die Übertragungsgeschwindigkeit der SMS aus der Steinzeit war enorm: 50 Baud – das entspricht rund 6,67 Zeichen pro Sekunde :-D

Wir hatten eine lange Liste mit Telex-Nummern, die wir häufig benötigten. Allerdings kam es hin und wieder vor, dass wir eine Nummer nicht hatten. Das war aber nicht weiter schlimm, denn es gab eine Art automatisierte Telex-Auskunft. Dazu musste man die Telex-Maschine selbst bemühen – mit zuvor beschriebenem Vorgehen – und statt des Empfängers eben die Telex-Auskunft anwählen. Als Nachricht gab man dann zum Beispiel ein: Teilnehmer: Firma XY, Land: Finnland, Stadt: Helsinki. Kurz darauf ratterte die Maschine dann erneut los und nannte die gesuchte Telex-Nummer.

Einmal gab es Probleme, die korrekte Nummer zu finden. Die Telex-Maschine der Auskunft schrieb etwas in der Art wie „Mehrere Teilnehmer vorhanden. Bitte weitere Angaben.“ zurück. Das taten wir. Die Maschine antwortete „Versuche, Teilnehmer zu finden.“ Wir warteten. Nach einiger Zeit ratterte die Maschine wieder los und übermittelte uns die gesuchte Nummer. Ich fragte Margit: „Sag mal, ist die Telex-Auskunft eigentlich ein Computer oder ein Mensch?“ Margit zuckte mit den Achseln. „Sollen wir mal fragen?“ fragte ich. „Au ja!“, antwortete Margit, „frag mal!“ Wir kicherten heftig drauf los. Was der Computer wohl antwortete, wenn wir ihn etwas Persönliches fragten? Ich überlegte kurz und tippte dann ein „Ist dort ein Mensch oder ein Computer?“ Die Antwort dauerte ewig, aber sie kam: „Hier ist ein Mensch!“

Mittwoch, 4. April 2012

Schnelle Thai-Garnelen

Der Albtraum eines Übersetzers: Texte in einer Excel-Tabelle. Unpraktischer geht's wirklich nicht. Selbstredend hat die ganze Aktion viel länger gedauert als gedacht, was sich ebenso selbstredend auf die Zeit auswirkte, die für die Zubereitung des Abendessens übrig blieb. Da half es auch nicht, dass der Kunde eine große arabische Airline war. Fernweh macht die Sache eigentlich nur schlimmer. Die guten Nachrichten: Ich war schlau genug, ein höheres Honorar auszuhandeln, und clever genug, aus den Resten aus Tiefkühltruhe und Kühlschrank etwas wirklich Leckeres zu zaubern. Und zwar in Nullkommanix.

Zutaten für 2 ungeduldige Personen:

1 Kaffeetasse Reis
die doppelte Menge Wasser
Salz

250 tiefgekühlte Riesengarnelenschwänze
1 TL grüne Currypaste
ca. 150 ml Kokosmilch
ein Schluck süße Sahne
Curry und Salz zum Abschmecken

Reis, Salz und Wasser zum Kochen bringen und mit geschlossenem Deckel bei kleinster Hitze garen. In der Zwischenzeit Currypaste in wenig Olivenöl anschwitzen, Kokosmilch und Sahne einrühren und zum Kochen bringen. Die tiefgekühlten Garnelenschwänze in die kochende Soße geben und in wenigen Minuten garziehen lassen. Mit Curry und Salz abschmecken.

Die Luxus-Version dieses Gerichts gibt's demnächst auch hier.

Freitag, 30. März 2012

4. Blackout im Kopierraum


Frustriert schleppte ich mich nach diesem Erlebnis mit Herrn Sigurd zu meinem Schreibtisch in der Ecke. Damit ich nicht zu heulen anfing, begann ich, die gelben Durchschläge zu sortieren, die sich während meines Urlaubs angesammelt hatten. Das half ein bisschen. Nach zwei Stunden war Herr Sigurd immer noch nicht da und ich schlenderte in Atelier 1, wo Herr Burg und Herr Mücke, der Kreativdirektor und sein Grafiker-Assistent, immer einen lustigen und aufmunternden Spruch parat hatten. Doch auch das Atelier war leer. Unschlüssig streifte ich um die großen Tische herum und beäugte die bunten Stifte, Pinsel und Reinzeichnungsklingen. Während ich mit einer solchen Klinge ein bisschen Schmutz unter meinen Fingernägeln hervorkratzte, vernahm ich plötzlich ein Geräusch, das sich wie Schnarchen anhörte. Darauf konnte ich mir nun überhaupt keinen Reim machen. Ich drehte mich um und sah zur Tür, aber dort stand kein Kollege, der mir einen Streich spielen wollte. Neugierig sah ich mich in jeder Ecke um, doch ich konnte die Schnarchquelle nicht entdecken. Bis ich mich dazu herabließ, unter einen der großen Tische zu sehen.

Mir blieb die Spucke weg: Dort lag ja Herr Burg! Er hatte sich wie ein Baby zusammengekauert und sabberte aus den Mundwinkeln. Ich wollte gerade laut „Hilfe!“ schreien, als ich einen seltsam vertrauten Geruch wahrnahm. Den Geruch von hochprozentigem Alkohol. Und das um elf Uhr morgens! Ich drehte mich angewidert auf dem Absatz um und verließ den Sündenpfuhl in Richtung Chefsekretariat, um Frau Held davon zu unterrichten. Auf dem Weg zum Chefsekretariat kam ich am Kopierraum vorbei, aus dem heiteres Gemurmel tönte. Wer in der Werbung was werden will, muss neugierig sein, deshalb lugte ich neugierig in den winzigen Kopierraum. Die Tür ging nur einen kleinen Spalt auf, weil sich dort offenbar viele Menschen versammelt hatten. Kaum hatte ich meinen Kopf hineingesteckt, packte mich auch schon Herr Sigurd am Ärmel, zog mich hinein und schloss dann wieder die Tür. Etwa die halbe Agentur, so schien es, hatte sich im Kopierraum versammelt. Wir standen eng gedrängt nebeneinander, wie morgens im Berufsverkehr in der U-Bahn.

„Naaa, Stift, auch mal Zwetschgenschnaps probieren?“, fragte mich jemand. „Ist guuuut“, lallte ein anderer, und schon hatte ich ein Wasserglas mit einer glasklaren Flüssigkeit in der Hand. Der Schnaps schmeckte wirklich nicht schlecht, und weil ich das zugab, musste ich anschließend noch Mirabellenschnaps, Birnenschnaps und Kirschschnaps probieren. Danach kann ich mich an nichts mehr erinnern.

Donnerstag, 29. März 2012

Sauerkraut mit Kassler

Da denkt man, der Frühling ist endlich da, und dann muss man wieder den Ofen anwerfen, weil einem sonst die Finger über der Tastatur gefrieren. Ich kann doch nicht stundenlang wertpoiu schreiben! Dafür bezahlt mich kein Kunde!

Da die Heizung aber nur äußerlich wärmt, musste ich mir noch etwas für die fehlende innere Wärme einfallen lassen. Die Lösung: Kassler mit Sauerkraut und Kartoffel-Pü - ein typisches Wintermahl. Na dann ma(h)l los.

Zutaten für 2 schlotternde Personen:

2 Kassler
ca. 500 g Sauerkraut
ca. je ein halber TL Zucker und Salz
1 EL Kümmel

Auf praktisch allen Packungen mit Sauerkraut ist für meine Begriffe eine viel zu kurze Garzeit angegeben. Sauerkraut muss "schlunzig" sein - also sehr weich und mit einer ganz leichten Farbe. Damit das gelingt, muss man das Sauerkraut einfach lange und mit viel Liebe köcheln: Sauerkraut in einen Topf geben, in dem viel Platz ist, und mit etwas Flüssigkeit sowie Kümmel, Salz und Zucker auf starker Hitze ankochen. Auf geringer Hitze etwa 2 Stunden fertiggaren und zwischendurch umrühren. Während der Garzeit sollte der Topfboden stets mit Flüssigkeit bedeckt sein, also bitte hin und wieder einen Schluck Wasser (darf auch Weißwein oder Sekt sein) zugeben. Zwischendurch mal abschmecken: Da die Sauerkräuter (oder Sauerkrauts?) unterschiedliche Säurestärken haben, kann mal weniger und mal mehr Salz und Zucker notwendig sein. Fertig ist unser Sauerkraut, wenn es komplett die Farbe gewechselt hat - von Krautweiß zu geschmortem Zwiebelgelb. Kurz vor Ende der Garzeit die beiden Kassler darin ziehen lassen und mit frischem Kartoffelpüree auf angewärmten Tellern servieren. Falls der Kamin inzwischen ausgegangen ist, empfehlen sich auch noch Strickjacke und Mütze.


Samstag, 10. März 2012

Choc au Pomme de Terre

Ich liebe Schokolade! Ich liebe sie in jeder Form! Es ist so schlimm, dass ich bei Fernsehwerbung mit Schokoloade hilflos dahinschmelze und genau das haben will, was gerade verführerisch über den Bildschirm flimmert. Und das mir, der toughen Werbemaus, die doch weiß, dass die Werbemacher genau darauf aus sind...

Mousse au Chocolat liebe ich auch. Natürlich! Allerdings ist mir dieses köstliche Dessert ein bisschen zu mächtig, ein bisschen zu süß. Meist schaffe ich nur einen Bruchteil von meiner Portion, und das tut mir dann in der Seele weh - so gern hätte ich noch mehr davon gegessen!

Ich habe heute in meiner Experimentierküche Abhilfe und Choc au Pomme de Terre geschaffen.

Zutaten für 4 bis 6 Portionen:

300 g Kartoffeln
1 Prise Salz
50 g Puderzucker
150 ml Sahne
1 EL Kakao
1 Tafel Zartbitterschokolade
2 Eier
2 EL heißes Wasser oder Espresso
2 - 3 Tropfen Bittermandelöl

Kartoffeln in der Schale weich kochen und abkühlen lassen, dann pellen, in kleine Stücke schneiden und in eine Rührschüssel geben. Die lauwarmen Kartoffeln mit einer Prise Salz, 50 ml Sahne oder Milch, 20 g Puderzucker und 1 EL Kakao cremig rühren. Es sollten keine Stückchen mehr in der Masse sein.

Die Bitterschokolade im Wasserbad flüssig werden lassen. In der Zwischenzeit Eier trennen und zunächst das Eiweiß, dann die Sahne steif schlagen - beides kühl stellen. Dann das Eigelb mit dem restlichen Puderzucker, dem Bittermandelöl und dem heißen Wasser bzw. Espresso schaumig schlagen. Die abgekühlte flüssige Schokolade mit dem Rührgerät unterrühren, bis alles gut vermengt ist. Dann die Kartoffelmasse unterrühren, bis auch diese sich gut vermengt hat. Zum Schluss vorsichtig den Eischnee unterheben - am besten mit einer Gabel - und dann die Sahne.

In eine Schüssel füllen und im Kühlschrank mindestens 4 Stunden erkalten lassen. Wow...


Holi Tandoori (Indische Hackfleischpfanne)

Gebt euch keine Mühe - dieses Gericht werdet ihr nur hier bei Winniepatschi finden. Die hat sich nämlich selbst übertroffen (oder überschätzt - wer weiß das so genau) und diese indisch anmutende Hackfleischpfanne  kreiert. Da die Teller anschließend leer und die Gesichter verklärt waren, ich auf meine Frage "Soll ich das nochmal kochen?" heftiges Kopfnicken erntete, hege ich die Hoffnung, dass mir da wirklich etwas gelungen sein könnte.

Ein indisches Sprichwort sagt: "Der Zweifel ist das Wartezimmer der Erkenntnis." Wie wahr.

"Holi" ist eines der bedeutendsten Feste der Hindus. Mit ihm feiern sie die Ankunft des Frühlings. Passend - auf den warte ich gerade. "Tandoori" ist eine Gewürzmischung der indischen Küche, die eigentlich zum Marinieren von Fleisch verwendet wird.

Zutaten für 3 bis 4 Personen:

500 g Hackfleisch (je nach Gusto oder Geldbeutel Schwein, Rind oder gemischt)
2 EL Olivenöl
2 Zwiebeln
1 Knoblauchzehe
2 große Kartoffeln
1 Dose gehackte Tomaten
1 Schluck Rotwein
1 rote Paprika
1 kleine Dose Mais
Petersilie zum Garnieren
1 EL Tandoori Gewürzmischung

Zwiebeln in Streifen schneiden, Knoblauchzehe fein hacken, Kartoffeln schälen und in kleine Würfel schneiden, Paprika waschen, entkernen und ebenfalls klein würfeln. Hackfleisch in einer großen Pfanne in heißem Olivenöl gut anbraten. Zwiebeln, Knoblauch und Kartoffeln dazugeben, schon mal einen Teil des Tandoori untermischen, dabei ständig wenden und nach ca. 5 Minuten die gehackten Tomaten und den Rotwein unterrühren. Auf mittlere Hitze herunterschalten und bei geschlossenem Deckel weitergaren. Wenn die Kartoffeln fast gar sind (je nach Größe der Kartoffelwürfel ca. 20 - 30 Minuten), Paprika, Mais und das restliche Tandoori dazugeben. Man kann es nicht oft genug sagen: Kocht mit Liebe - dann schmeckt es besser! So lange weitergaren, bis die Paprika den gewünschten Garpunkt erreicht haben - noch bissfest oder weich. Jetzt kommt der wichtigste Teil: abschmecken! Das Tandoori verleiht der Hackfleischpfanne einen wunderbar fernöstlichen Touch mit einer ganz zarten Süße. Wer mehr davon mag, gibt einfach noch etwas Tandoori dazu! Mit frisch gehackter Petersilie servieren.




Donnerstag, 8. März 2012

Parmesan-Reis mit Erbsen

Tag drei der Nachtschichtwoche, die deshalb kulinarisch gesehen ein bisschen grenzwertig ist.

Im Grunde könnte dieses Gericht auch einfach nur 'Reis mit Erbsen' heißen. Weil dieser Titel aber kaum jemanden hinterm Ofen hervorlocken dürfte, und weil tatsächlich Parmesan drin ist, habe ich mir erlaubt, den Namen etwas aufzupeppen. 'Pimpen' sagt man wohl heute dazu.

Hier also mein gepimpter Reis.

Zutaten für 1 übermüdete Person:

100 g Reis (Basmati- oder Jasminreis)
200 ml Gemüsebrühe oder Salzwasser
1 EL Butter
3 EL frischer geriebener Parmesankäse
3 EL Erbsen (den Rest von gestern)
evtl. Salz und Pfeffer

Reis und Flüssigkeit in einem beschichteten Topf mit geschlossenem Deckel zum Kochen bringen und bei kleinster Hitze ca. 15 Minuten garen, bis die gesamte Flüssigkeit verschwunden ist. In der Zwischenzeit gemütlich ein Gläschen Weißwein trinken. Ich als Schwabe bevorzuge ja Riesling, aber ein Grauburgunder tut es auch :-D. Zum Schluss Butter und Parmesankäse unterrühren, bis sich beide Zutaten gut aufgelöst haben. Der Reis muss schön cremig sein. 'Schlunzig' sagen wir dazu im Schwabenland. Dann einfach die Erbsen unterheben und abschmecken.

Das mit dem Foto hat ein bissle länger gedauert - den großen Zapfenstreich für Christian Wulff konnte ich mir im Fernsehen irgendwie nicht entgehen lassen...